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Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität

Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität

Intentionalität, Zeitbewusstsein und Intersubjektivität

Editorial: Ontos Verlag

Pàgines: 210

Any: 2005

EAN: 9783937202631

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Eses Buch beschäftigt sich mit verschiedenen Intentionalitätstheorien, die innerhalb der „phänomenologischen” Tradition entstanden sind. Dabei wird dieser Begriff in einem weiten Sinn als Bezeichnung für eine Tradition verstanden, die durch zwei Grundsätze bestimmt ist: Erstens durch die These vom Primat der Beschreibung: Eine genaue Beschreibung unmittelbar präsenter Tatsachen muss der Ausgangspunkt sein für theoretische Überlegungen, in denen diese Tatsachen weiter verarbeitet werden. Dies war die Methode, für die Brentano mit seinem Projekt der deskriptiven Psychologie ein bis heute gültiges Vorbild geschaffen hat. Der zweite Grundsatz ist die These des Primat der mentalen Intentionalität: Die Intentionalität sprachlicher Ausdrücke ist sekundär in Bezug auf die ursprüngliche mentale Intentionalität. Worte besitzen aus der Sicht der Phänomenologie nur deswegen eine Bedeutung, weil sie dazu dienen, psychische Akte auszudrücken, die ihrerseits ihrem Wesen nach intentional sind.
Das Thema des ersten Kapitels ist naturgemäß die Intentionalitätslehre Franz Brentanos, die für alle weiteren Untersuchungen zu diesem Thema den Anfangspunkt bildet. Die Frage, wie es dazu kommt, daß sich der menschliche Geist auf die Gegenstände der Außenwelt bezieht, ist eine Frage, die so gut wie jeden Philosophen beschäftigt hat. Es war aber Franz Brentano, der diese Frage zum zentralen Thema seiner Philosophie gemacht hat. Zu seinen Schülern, die durch Brentano auf die Bedeutung des Intentionalitätsproblems aufmerksam wurden, gehören unter anderem Edmund Husserl, Alexius Meinong, Carl Stumpf, Christian von Ehrenfels und Kazimierz Twardowski. So verschiedene Richtungen wie die Phänomenologie im engeren Sinne, die Gegenstandstheorie, die Gestalt-Psychologie und die logische Tradition der Lemberg-Warschauer Schule, können sich somit auf Brentano als ihren „geistigen Vater” berufen.
In Brentanos Schriften finden sich viele verschiedene Gedanken zur Intentionalität, aus denen man eine Reihe unterschiedlicher Intentionalitätstheorien sozusagen „destillieren” kann. Im ersten Kapitel dieses Buchs konzentrieren wir uns zunächst auf die beiden wichtigsten Theorietypen, nämlich auf die Theorie des immanenten Objekts, die man gewöhnlich auch als die frühe Intentionalitätstheorie Brentanos bezeichnet, sowie auf seine späte Theorie, die zwar keine ungewöhnliche Ontologie von Objekten, dafür aber eine recht komplizierte Relationslehre voraussetzt.
Ein wichtiger Teil der Brentanoschen Intentionalitätstheorie war seine Theorie des Zeitbewußtseins. Mit dieser Theorie wollte Brentano erklären, wie wir uns auf zeitlich distribuierte Gegenstände bezie­hen können, wie z.B. eine Melodie oder eine Bewegung. Im zweiten Kapitel wird gezeigt, wie kompliziert die Entwicklung dieser Theorie bei Brentano war. Seiner Theorie immanenter Objekte entspricht eine Theorie zeitlich modifizierter Objekte, während seine späte Theorie mit einer Reihe spezieller psychischer Modi das Auslangen zu finden sucht. Es gab aber auch eine Zeit, zu der Brentano gleichzeitig beide Auffassungen akzeptierte.
Im dritten Kapitel wenden wir uns einer anderen interessanten Intentionalitätstheorie zu, nämlich der Theorie von Anton Marty. Auch bei Marty kann man eine frühe und eine späte Lehre unterscheiden. Beides sind Weiterentwicklungen jener Theorie, die Brentano um 1890 in seinen Vorlesungen vertreten hat. Deshalb wird in diesem Kapitel auch diese – für die Entwicklung der Brentano-Schule äußerst wichtige – „mittlere” Lehre Brentanos besprochen. In dieser mittleren Periode hat Brentano propositionale Entitäten eingeführt, die später unter verschiedenen Namen als Sachverhalte, als Objektive und als Propositionen Karriere machten.
Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit Carl Stumpf und seiner Version einer Theorie der Sachverhalte. Anders als bei Marty, für den die Sachverhalte eine wichtige Rolle als Wahrmacher der psychischen Akte spielen, führt Stumpf keine transzendenten, sondern nur immanente Sachverhalte ein. Diese lassen sich als Wahrmacher nicht verwenden. Wir versuchen deshalb zu klären, warum Stumpf derartige Entitäten eingeführt hat.
Der erste, der die propositionalen Entitäten in einer wirklich systematischen Weise in seiner Intentionalitätstheorie verwendet hat, war jedoch Alexius Meinong. Mit seiner Lehre beschäftigen wir uns im fünften Kapitel. Meinong hat zum Zweck der Erklärung des Intentionalitätsphänomens Entitäten eingeführt, die einen neutralen ontologischen Status haben sollten. Er bezeichnet sie als „außerseiend” oder als „jenseits von Sein und Nichtsein” stehend. Diese Lehre galt lange Zeit als ein Paradebeispiel eines theoretisch unbegründbaren ontologischen Dschungels. Erst in den letzten Jahrzehnten kam es zu einer überraschenden Wiederbelebung dieser Meinongschen Ideen, deren wahre Bedeutung zu lange verkannt wurde.
Das sechste Kapitel bietet einen Überblick über einige der wichtigsten Bedeutungs­theorien innerhalb der phänomenologischen Tradition. Der These des Primats der mentalen Intentionalität folgend lenken diese Theorien das Interesse wiederum auf die innere Struktur der entsprechenden psychischen Akte. Wir werden deshalb nochmals Gelegenheit haben, auf die frühe und die mittlere Theorie Brentanos einzugehen, und diese mit den Theorien von Twardowski und Meinong vergleichen. Dazu besprechen wir an dieser Stelle auch zwei Theorien von Husserl: die frühe Theorie der Logischen Untersuchungen und die spätere transzendentale Lehre, sowie die ontologisch besonders reiche Theorie von Roman Ingarden.
Das letzte Kapitel behandelt die Theorie der Konstitution von Intersubjektivität, die in der transzendentalen Philosophie des späten Husserl eine zentrale Rolle spielt. Wir zeigen, daß diese Theorie aus mehrfachen Gründen scheitert.
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